Vier szenische Lesungen zum Wörlitzer Gartenreich

Vom Filmproduzenten Samuel Goldwyn stammt die Empfehlung, ein Actionfilm müsse mit einem Erdbeben beginnen und sich dann langsam steigern. Bei mir wird in den ersten Minuten eine Muschel von einem Kettenschiff eingesogen und kurz vor Schluss bricht ein Vulkan aus, aber es ist ja auch nur eine Märchenlesung über das Wörlitzer Gartenreich.

Aber zuvor berichtet Charlotte Buchholz vom krassen Beef zweier Landschaftsparks, bevor sich eine Gruppe Riesenbagger einmischt.

Zu hören und sehen am 18.10. um 15 Uhr in der Urania am Nicolaiplatz,

am 20.10. um 18:30 im Café Verde im wunderschönen Herrenkrug-Park, beides in Magdeburg,

am Samstag, 04.11.2023 um 15:30 (Uhrzeit korrigiert!) in der Essenzen-Fabrik in Zerbst und

am 17.11.2023 um 17 Uhr in der Kulturstiftung Bernburg.

Und als kleiner Spoiler ein „Making of“-Foto vom Ausbruch des Wörlitzer Vulkans:

Autorenleben

Stadtschreiber? Nein, Herr Esser: Stadtschreiner. Hier ist der Schlüssel zur Dachstube, lassen Sie besser das Fenster zu und die Heizung auf 5. Wir sehen uns morgen früh 6 Uhr auf der Baustelle, Ihr Werkzeug haben Sie ja hoffentlich dabei. (zum Glück nur geträumt)

Muschel, Kette und Vulkan

Durch die Veranstaltungsreihe „UWE – Ein literarisches Kaleidoskop“ des Fördervereins der Schriftsteller habe ich in den letzten Monaten zusammen mit Bettina Fügemann und Lars Johansen mein erstes „szenisches Märchen“ entwickelt. In diesem Rahmen habe ich über Kettendampfschifffahrt recherchiert, mich auf Wikipedia-Niveau über Muscheln schlau gemacht und das Wörlitzer Gartenreich durchforstet.

Ab Ende August kann man die Ergebnisse auf der Bühne bewundern (Termine über den Link oben oder auf dieser Webseite unter „Aktuelles / Termine“), ich bin sehr gespannt, zumal ein altehrwürdiges Papiertheater mit neuen, speziell für das Stück angefertigten Figuren, eine Finken-Pfeife und andere Utensilien zum Einsatz kommen.

Die dritte Etage

Das Sanatorium hat nur zwei Etagen: Null und Eins.

In Null wird man empfangen und aufgenommen, diagnostiziert und ernährt. Eines Tages wird man von hier wieder entlassen.

In Eins schläft man, erwartet die Genesung, wird zur Krankengymnastik, zu Kulturvorträgen und Andachten geschoben, schaut aus dem Fenster in den Park, auch nachts.

Offenbar gibt es vorgefertigte Aufzug-Bedienelemente erst ab drei Stockwerken, deshalb findet sich im Fahrstuhl ein dritter Knopf, der nicht leuchtet und auch nirgends hinführt. Auf diesen hat irgendein Spaßvogel einen Blumenaufkleber geklebt, ein Buschwindröschen vielleicht.

Während ich darauf warte, dass sich der Fahrstuhl in Bewegung setzt, höre ich Don Henley murmeln: „Du kannst dich jederzeit abmelden, aber sie lassen dich nicht gehen.“

Wenn die Knöpfe irgendwann bei der Wartung auf Abnutzung geprüft werden: Welcher müsste wohl zuerst ausgewechselt werden?

I survived 2020

Nicht dass ich das letzte Jahr irgendwie beschönigen möchte, aber nachdem in den letzten Wochen die Belegexemplare für zwei 2020 verfasste Veröffentlichungen (jeweils kleine Textbeiträge in der Literaturzeitschrift „Ort der Augen“ bzw. einem Sammelband über Engel) im Briefkasten lagen und vorgestern die Korrekturfahnen gemailt wurden für die Anthologie der wunderbaren Autorenbegegnung im herbstlichen Sonneck oberhalb von Naumburg an der Saale, bin ich doch ein bisschen mit 2020 versöhnt. Wenn nun noch die für den 25. März 2021 geplante Lesung in der Stadtbibliothek klappen sollte…

Hundegebell

In dem Städtchen, wo wir vor zwei Wochen übernachteten, haben sich die Hunde fast jede Nacht mehrere Stunden von einem Viertel zum anderen zugebellt. Und immer wenn man dachte, nun wären sie endlich fertig, fing ein einzelner Kläffer wieder an und zog nach und nach alle anderen mit. Da wird der schlaflose Autor irgendwann nachdenklich, was sie sich wohl zu sagen haben, und so ist dieser Text entstanden (an dem noch hier und da gefeilt wird).

Hundegebell

Nachts, wenn die Motoren sie nicht mehr übertönen, können sich die Hunde endlich ungestört darüber austauschen, was ihre Herrchen und Frauchen wieder alles angestellt haben. Menschen halten Hundegebell ja pauschal für Reviergehabe, aber wir ahnen, warum uns Menschen diese Interpretation so naheliegend erscheint.

Ich kann natürlich nur spekulieren, aber dennoch: Hören wir unseren treuen Begleitern einmal zu:

„Sie haben mir schon wieder Katzenfutter in den Napf getan.“

(Und vom anderen Ende des Dorfes:)  „Unglaublich!“

„Wann immer ich einen Fremden stürmisch begrüße oder mich mal ärgere, sagt mein Frauchen: „Tut mir leid, wir haben ihn aus dem Tierheim.“

„Sie sind so unsensibel. Und halten sich für sonstwas.“

„Meine schimpfen sogar mit mir, wenn ich sie vor Eindringlingen warne. Warum haben die sich bitteschön kein Meerschweinchen gekauft?“

„Wenn wir in der Stadt an Obdachlosen vorbeigehen, will ich ihnen immer kurz über die Hand lecken, damit sie sich nicht so einsam fühlen. Aber mein Herrchen herrscht mich jedesmal an und zieht mich an der Leine weiter. Dabei ist er es doch, der ganz einfach helfen könnte.“

„Überhaupt: Leinen. Geh mir weg mit den Dingern!“

„Mein Herrchen roch letzte Nacht schon wieder nach einer anderen Menschin. Bin ich froh, dass ich es meinem armem Frauchen nicht sagen kann.“

„Na, den Geruch von deinem Frauchen hab ich aber schon mehrfach in der Pension gerochen. Menschen sind eben so.“

„‚Mein Gott, so ist es. Ich kann garnicht so viel pinkeln, wie ich bei uns zu Hause fremde Düfte überdecken will.“

„Wenn nur nicht das leckere Essen wäre.“

„Und die Fellpflege.“

„Die ärztliche Versorgung.“

„Manchmal sind sie so lieb, so emotional, so … hach!“

„Und der Menschenblick. Wenn sie dich so anschauen, will man ihnen doch wieder alles verzeihen.“

„Und wer beschützt sie, wenn wir nicht da sind? Wer tröstet ihre Kinder?“

„Habt Ihr schon rausgekriegt, wonach sie eigentlich suchen?“

„Meinst du wirklich, die Menschen wüssten das selbst?“