Mein Ich aus der Zukunft

Das Ende der Welt wartet im Baumarkt von übermorgen

BMFfM2017

Gestern hatte ich überraschend Besuch von meinem Ich aus der Zukunft. Es sagte, es wäre grad zufällig in der Gegend und müsste aufs Klo, aber hier kennt es leider niemanden außer mir.

Ich war sehr aufgeregt. Mir fielen direkt einige 100 Fragen an mein zukünftiges Ich ein, aber es antwortete nur, es müsse wirklich ziemlich dringend.

Als es – ich – wieder vom WC zurückkehrte, hatte sich die Zahl meiner Fragen bereits auf 42 reduziert; die anderen waren doppelt gewesen.

Zuerst fragte ich ihn – mich -, ob es nicht zu einer Instabilität im Raum-Zeit-Gefüge führen müsse, wenn man sein eigenes Ich trifft. Aber er meinte, das könne nur bei den taiwanesischen Billig-Zeitmaschinen aus dem Baumarkt passieren. Aus diesem Grunde seien die USA auch nicht eingeschritten, als China …
Er brach mitten im Satz ab, offenbar durfte ich das noch nicht wissen.

Bevor ich noch eine weitere Frage stellen konnte, eröffnete er mir, dass ich eines langsamen und schmerzhaften Todes sterben würde. Danach hatte ich jetzt garnicht fragen wollen, aber vor allem: Woher konnte mein Ich aus der Zukunft das wissen?

Dennoch verdrängte diese Aussicht meine Lust auf die weiteren 41 Fragen. Und so tranken wir wortlos meine beiden letzten Biere auf. Immerhin versprach er zum Abschied, mir eine Freundschaftsanfrage über Facebook zu schicken. Ich hörte ein Geräusch aus dem Arbeitszimmer, sah kurz zu meinem Computer herüber und wollte mich bei ihm bedanken, aber er war weg. Nur ein leichtes Schimmern war noch sichtbar und ich meinte, ein PRAKTIKER-Logo in der Luft zu erblicken.

Als er, also ich, weg war, bin ich direkt zum Computer und hab mich bei Facebook eingeloggt. Ich weiß, dass das Unsinn war, aber mir ist in letzter Zeit viel schräges Zeug passiert. Weil keine Freundschafts­anfrage aus der Zukunft vorlag, ging ich zum Kühlschrank auf der Suche nach irgendwas Alkoholischem. Ein Bier lag noch drin.

Wo ich schon mal eingeloggt war, habe ich diesen Eintrag begonnen. Vielleicht ist mein Ich aus der Zukunft ja ein Held, der in die Vergangenheit (also: ins Jetzt) gereist ist, um das Weltenende durch taiwanesische Billigzeitmaschinen zu verhindern – und mir kommt die ehrenvolle Aufgabe zu, diese Warnung zu verbreiten?

Als ich das Bier aufhatte, sah ich kurz aus dem Fenster. Für einen Moment schien es mir, als hätte ich eine zweite Sonne am Himmel gesehen.

Das mit dem Bier gab mir zu denken.